IHe hat geschrieben:Unfair ist es vielleicht nicht, aber es sagt einiges über die Wertschätzung aus.
Bei einem Kandidaten, mit dessen Arbeit ich noch gar keine Erfahrungen gemacht habe, habe ich auch keine "Wertschätzung"
(er hat ja noch nichts für mich geleistet), sondern nur eine "Einschätzung", was mir seine Arbeit wert zu sein scheint. Und ja, Du hast recht, wenn er 45k gefordert hat und ich ihm im Nachgang ein Angebot über 36k mache, dann kommuniziere ich damit, dass er seine Fähigkeiten in meinen Augen überschätzt und ich diese deutlich niedriger einschätze. Das ist richtig, und vielleicht stimmt es ja auch. Falls nicht, wird er ja sicherlich woanders einen AG finden, der die 45k bereitwillig zahlt.
Entweder das, oder ich bin an die betrieblichen Vorgaben meiner Firma gebunden und kann für seine Planstelle nun mal nicht mehr als 36k ausgeben (Budgetierung), so dass ich nicht mehr machen kann, als ihm das per take-it-or-leave-it anzubieten, egal wie hoch ich seine Qualifikation bewerte. Dann hätte ich also nur die Wahl, ihm 36k anzubieten oder direkt abzusagen, und dann würde ich als Manager auch die 36k versuchen.
In beiden Fällen finde ich es fehl am Platze, hier emotionale Aspekte ("Wertschätzung") einzubringen. Das sind Geldverhandlungen. Der AG will super Leute mit 12 Stunden Arbeitszeit pro Tag, ohne was zu zahlen, und die Mitarbeiter wollen ein Vermögen verdienen bei minimalem Einsatz und ohne was zu können. Irgendwo in der Mitte trifft man sich. Oder eben nicht. Wer da andere Maßstäbe als die des Verstandes einbezieht, erreicht nicht mehr, als seine Verhandlungsposition zu verschlechtern.
Davon abgesehen ist Geld längst nicht alles. An kaum einem Ort verbringt man so viel Zeit wie am Arbeitsplatz. Mit den dortigen Kollegen verbringt man mehr Zeit als mit seiner eigenen Frau. Da gibt es viele Faktoren, die bedeutsamer sein können als ein paar Kiloeuros mehr oder weniger, sogar welche, die der Arbeitgeber gar nicht beeinflussen kann, wie die Fahrzeit zur Arbeit. Wer seinen Fahrtweg um eine halbe Stunde reduziert, hat an jedem einzelnen Arbeits(!)tag eine ganze Stunde mehr Freizeit zu Hause! Das macht irrsinnig viel aus.
SAP_Coder hat geschrieben:Nach oben sind beim Gehalt keine Grenzen gesetzt und die nächste Gehaltserhöhung kommt bestimmt.
Jedenfalls wenn man etwas taugt. Wer Gehaltserhöhungen schon beim Bewerbungsgespräch verhandeln möchte, bei dem würde sich mir als AG der Verdacht aufdrängen, dass er das unter Dach und Fach bringen möchte, bevor ich merke, wie wenig er kann. Wenn die Begrenzung des Angebots nicht budgetbegründet ist, sondern auf der Einschätzung der Qualifikation beruht, dann kann man problemlos dem Arbeitgeber vor Augen führen, wie wertvoll man ist, und dann nach einem halben Jahr eine angemessene Würdigung dafür fordern.