Ich habe mich 2003 von meinem alten Arbeitgeber getrennt und habe mich übergangsweise selbstständig gemacht, bis ich die nächste Festanstellung antreten würde.
Dieses Provisorium habe ich dann 2009 zu Heuristika gemacht, inzwischen ist 2020 und ich bin immer noch gern selbstständig (und eigentlich auch zu alt, um eine Festanstellung anzutreten). Und zwar nicht der Kohle wegen, das macht so einen großen Unterschied gar nicht, sondern der Freiheiten wegen. Ich bin immer wieder entsetzt, welche Regeln sich Angestellte unterwerfen müssen (Bahn 2. Klasse, etc.). Ein Arbeitgeber kann mich sonstwo hinschicken wenn er will - als Freiberufler suche ich mir meine Kunden aus (wenn man das Standing hat, das man sich aber auch erarbeiten muss).
Was man verdienen kann, kann man so nicht sagen. Vor sechs Monaten hätte ich gesagt: 120 EUR/h * 8 * 220 Arbeitstage sind 200.000 EUR Umsatz (!) p.a., die man im optimalen Falle reinholen kann. Davon geht dann knapp die Hälfte runter für die Steuer, ein bisschen (!) Kosten hat man auch und in Wahrheit arbeitet man auch nicht 220 Arbeitstage.
Jetzt (Corona!) sieht die Situation anders aus, ein guter Bekannter von mir sitzt jetzt für gut 70 EUR in einem norddeutschen Kaff, der bis vor besagten sechs Monaten auch noch 120 genommen haben dürfte. Ich habe viel Glück gehabt, dass ich noch keinen Euro eingebüßt habe.
Ein paar Tipps willst du haben:
Ehe du dich selbstständig machst, arbeite mal eine Weile für ein Beratungsunternehmen - je größer desto besser. Da lernst du dann mal das harte Beratungsgeschäft kennen mit all seinen Auswüchsen und Intrigen. Da könnte ich dir abendfüllend Stories erzählen, die du aber besser selbst durchlebst. Wenn du das mindestens 5 Jahre lang gemacht hast und dich dann immer noch selbstständig machen willst, dann kannst du das machen. Niemals vom Inhouse-Biotop, wo alle lieb sind aus selbstständig machen.
Es ist die Regel, dass du der Aussätzige bist. Die Internen haben oftmals Angst, dass du ihnen die Arbeit wegnimmst oder ihrem Arbeitgeber ständig unter die Nase reibst, wie rückständig sie sind, auf deine Umsätze sind sie eh neidisch. Wann immer es solchen Leuten gelingt, dir einen "einzuschenken", werden sie das tun. OK, gibt auch andere Kunden, so einen hab ich gerade, aber die Regel ist das, was ich oben beschrieben habe. Da kreisen dann auch schonmal böse, völlig an den Haaren herbeigezogene Gerüchte über den Flur.
Vorteile sind ja schon genannt: Ich entscheide wann, wieviel und für wen ich arbeite. Ist mir ein Kunde zu weit, ist er mir zu weit. Ich bin auch schon beim Vorstellungsgespräch aufgestanden und gegangen, weil mir der Kunde zu rückständig war.
Niemand redet mir rein, welchen Mietwagen ich nehme, welche Bahnklasse ich fahre, welches Hotel ich nehme, welchen Laptop ich zum Arbeiten verwende, etc. So schleppe ich in meinem Rucksack knapp 5k€ Equipment mit mir rum, wenn ich zum Kunden fahre - aber es ist eben auch GUTES Equipment. Wenn ich sehe, was für Klopper angestellte Berater so mit sich herumschleppen.....
Ralf